Über unsere Veranstaltung

In Zukunft wird der Blog dazu dienen, einige Veranstaltungshinweise zum Thema "Arabische UmBrüche" weiterzuleiten. Der Schwerpunkt liegt dabei einerseits auf Veranstaltungen in Leipzig und andererseits auf internationale und nationale Konferenzen.


Die Vortragsreihe im Wintersemester 2011/12.

Jeden Mittwoch von 19.00-21.00 Uhr im Hörsaal 11, Hörsaalgebäude, Universitätsstraße 3, Leipzig.

Über die Vortragsreihe: Politische UmBrüche in der arabisch-islamischen Welt

Ausgehend von der sogenannten „Jasmin-Revolution“ in Tunesien setzte der Ruf nach Freiheit in der arabisch-islamischen Welt eine revolutionäre Dynamik in Gang: die Macht der Bevölkerungen gegen das Gewaltmonopol der Autokratien, die hierauf in unterschiedlicher Weise reagier(t)en.

Vor dem Hintergrund von Fragestellungen nach sozialen, politischen und ökonomischen Zielen und Wirkungen dieser Freiheits- und Demokratiebewegungen und der sie umgebenden Gesellschaften in der Gegenwart und Zukunft veranstaltet das Orientalische Institut der Universität Leipzig gemeinsam mit dem eurient e.V. im Wintersemester 2011/12 eine Ringvorlesung. Diese ist nicht als reine Informationsveranstaltung konzipiert, sondern soll vielmehr als Forum dienen, in dessen Rahmen namhafte ForscherInnen und NachwuchswissenschaftlerInnen sowie ein interessiertes Publikum über die aktuellen Entwicklungen debattieren können.

Die Ringvorlesung war eine erfolgreiche, informative und spannende Vortragsreihe zu den aktuellen Ereignissen in der arabischen Welt.

Wir danken allen Kooperationspartnern und Förderern für die freundliche Unterstützung und nicht zuletzt den Referenten sowie dem Publikum für ihre Anregungen und die Teilnahme an den Veranstaltungen.

Samstag, 29. Oktober 2011

Rechtliche Veränderungen und Perspektiven nach dem "arabischen Frühling"


In der dritten Vorlesung der Veranstaltungsreihe sprach Prof. Dr. Hans-Georg Ebert über die rechtlichen Veränderungen im Zuge des arabischen Frühlings
Prof. Ebert ging in seinem Vortrag zunächst kurz die Ursachen und Wirkungen des arabischen Frühlings ein, der durch die Selbstverbrennung eines tunesischen Gemüsehändlers am 17.12.2010 seinen Anfang fand und weder institutionell noch dogmatisch bewältigt werden konnte. Nach einer kurzen Erläuterung der traditionellen Teilung des Rechtssystems in der arabischen Welt („westliches Recht“, šarī‛a und Gewohnheitsrecht) erläuterte Prof. Ebert die in Bezug zum westlichen Rechts- und Wertesystem defizitäre Staats- und Rechtsgestaltung in der arabischen Welt, die länderspezifisch unterschiedlich ausgeprägt sind. Problematisch sind nach seinem Dafürhalten beispielsweise die mangelnde Unabhängigkeit der Rechtssprechung, die unterentwickelte Verfassungsgerichtsbarkeit und die wenig ausgeprägte Gewaltenteilung. Ferner fehlt in vielen Ländern ein geeignetes Staatswesen für die Durchsetzung des Rechts; das Gewaltmonopol des Staates greift nur in einzelnen Gebieten, was zu einer starken Fragmentierung der Staaten führt. Dieses Problem ist auf die koloniale Grenzziehung zurückführen, ebenso wie auf den kolonialen Transfer westlicher Gesetzgebung in die arabische Welt, der einen kritischen Punkt darstellt.
Prof. Ebert erläuterte weiter, dass man bislang keinen der arabischen Staaten als rechtsstaatlich bezeichnen kann. Konkrete Forderungen für einen Reformprozess der Rechtssysteme sind im öffentlichen Recht die Beendigung der Clanförderung, modernes Kartellrecht, Arbeitnehmer- und Verbraucherschutz sowie angemessene Parteien- und Wahlgesetze, um nur einige Beispiele zu nennen. Das Strafrecht, das in vielen Ländern noch durch den code pénal aus dem 19. Jh. geprägt ist, muss sowohl im Bereich des Strafvollzugsrechts, als auch beispielsweise bezüglich des politischen Strafrechts verändert werden. Im Privatrecht muss besonders in Richtung der Menschen- und Grundrechte, der Gleichstellung von Religion und Geschlecht gearbeitet werden.
Ganz deutlich arbeitete Prof. Ebert durch seine Darlegungen heraus, dass ein ganzheitlicher Reformansatz notwendig ist, der durch rechtliche Veränderungen einen Rahmen bekommen kann. Dieser langfristige Prozess wird mittelfristig eine instabile Situation mit sich bringen. Als entscheidende Punkte für die notwendigen Transformationen nannte er Transparenz und einen Dialog von Experten auf Augenhöhe, ein Rechtstransfer aus dem Westen darf nur punktuell und spezifisch, nach genauer Berücksichtigung der existierenden Rechtskultur und -geschichte, erfolgen.
In der anschließenden Diskussion wurden Fragen bezüglich den Hindernissen bei der Erreichung dieser Ziele, der möglichen Institutionalisierung des Dialogs zwischen Europa und der arabischen Welt sowie den Auswirkungen von Elitenwechseln in einzelnen Ländern aufgeworfen. Hier konnten noch einige Detailfragen geklärt und vertieft werden.

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